Frühjahrswanderung am 5. Mai 2024
Trotz des Regens konnte Werner Goerlich am Sirchinger Skilift am Beiwald neunzehn Interessierte begrüßen. Schirme und Regenjacken dominierten zunächst das Wandern. Vom Treffpunkt aus war das erste Highlight, die „Schillerlinde“, auf dem Blasenberg schon zu sehen. Um den berühmten Dichter Friedrich Schiller zu ehren, pflanzten seine Bewunderer hundert Jahre nach seinem Tod, also um 1905, vielerorts „Schillerlinden“. Wenn dieser Baum zur Zeit der Pflanzung etwa 10 Jahre alt war, so dürfte er heute ca. 130 Jahre alt sein. Die „Schillerlinde“ auf dem Blasenberg ist als Naturdenkmal geschützt, doch ist sie gar keine Linde, sondern eine Bergulme (Ulmus glabra), die im Volksmund auch „Steinlinde“ heißt. Sie hatte bereits geblüht und auch schon Früchte angesetzt. Kernbeißer fressen die Nussfrüchte der Ulmen gerne. Zusammen mit dem Spitzahorn zählen Ulmen zu den wenigen Baumarten, die bereits vor dem Laubaustrieb blühen und sind daher zur Blütezeit von weitem im noch kahlen Wald erkennbar. Während die meisten älteren Ulmen durch einen Pilz geschädigt und abgestorben sind (siehe auch Wanderungs-Bericht vom 16. 10. 2022), zeigte sich uns die „Schillerlinden-Ulme“ auf dem Blasenberg noch vital. Vermutlich kommt ihr dabei ihre Allein-Lage zugute, so dass sie die pilzübertragenden Ulmensplintkäfer (v. a. der Große Ulmensplintkäfer (Scolytus scolytus)) noch nicht gefunden haben. Der Pilz wurde bereits in den 1930er Jahren mit Holz aus amerikanischen Wäldern eingeschleppt, die Ulmenkrankheit verbreitete sich langsam von Hamburg aus nach Berlin und weiter in den Süden.
Zum Glück ließ der Regen nach und die Sonne zeigte sich sogar, zunächst nur kurz, später auch anhaltend. Und so boten sich uns idyllische Ausblicke auf die Felsen des Ermstals mit der Burgruine Hohenwittlingen. Aus dem Blätterdach der bewaldeten Hänge ragten auch die Dächer des Anwesens des Ermstaldichters Weinland, dem Verfasser der bekannten Rulaman-Geschichte.
Die ehemalige Burg Blankenhorn auf einem der Rifffelsen bot uns einen guten Rastplatz für unsere Vesperpause zur Mittagszeit. Dort blühte neben der Frühlings-Platterbse (Lathyrus vernus) auch die viel seltenere Berg-Platterbse (Lathyrus linifolius), die normalerweise kalkhaltigen Untergrund meidet. An einigen Stellen auf der Alb kann der Boden oberflächlich entkalkt sein, so dass auch kalkmeidende Pflanzenarten vorkommen.
Die meisten Baumarten der Wälder trieben gerade ihre Blätter aus, sodass sich die Wälder in frischen Grünschattierungen präsentierten und sich das Blätterdach langsam schloss. Deshalb blühten noch viele verschiedene Pflanzen in der Krautschicht des Waldes. Entlang unseres Weges fanden wir unter anderem die duftende Mondviole (Lunaria rediviva) auch Wildes Silberblatt genannt, das Wechselblättrige Milzkraut (Chrysosplenium alternifolium), den Glanz-Kerbel (Anthriscus nitidus), die Waldsegge (Carex sylvatica) und am Wegesrand häufig die interessant aussehenden Fruchtstände des verblühten Huflattichs (Tussilago farfara; weitere blühende Pflanzenarten s. u.).
Auf verschlungenen Pfaden führte uns Werner Goerlich durch den herrlich grünen Buchenwald weiter zum Sirchinger Wasserfall. Auf dem Weg dahin trafen wir auf mehrere Feuersalamander (Salamandra salamandra), die keine Eier legen, sondern deren Larven lebend geboren werden und sich in kleinen Fließgewässern entwickeln. Der Sirchinger Wasserfall ähnelt dem Gütersteiner Wasserfall. Das Wasser fließt aus einer Öffnung im Hang heraus und dann in einer Rinne über den im Laufe der Jahrtausende abgelagerten Kalktuff bis zur Hangkante, wo es nach unten stürzt. Im Bach kurz vor dem Wasserfall tummelten sich etliche Steinfliegenlarven und auch Köcherfliegenlarven mit ihren selbstgebauten Gehäusen aus winzigen Steinchen und Sandkörnern. Auf der Wiese neben dem Grillplatz blühte das Dunkle Lungenkraut (Pulmonaria obscura).
Der Schlupffelsen war unser nächstes Zwischenziel. Dabei handelt es sich um einen freistehenden schlanken Felsen im Hang. Er heißt so, weil er von einer vertikalen Spalte durchzogen ist, durch die man hindurch"schlüpfen" kann, wenn man schlank genug ist. Dort blühte der Stein-Baldrian (Valeriana tripteris), ein naher Verwandter der bekannten Heilpflanze. Und zwischendrin regnete es wieder. Der Regen der vergangenen Wochen hat sich wohl auch günstig auf das Wachstum mancher Pilze ausgewirkt und so fanden wir eine kleine Ansammlung von Morcheln. Um den Durst zu löschen, war am Wegesrand ein kleiner Brunnen gefasst. Leider war die Inschrift auf dem verwitternden Stein kaum lesbar. Über das Gewann Grindelteich setzten wir unseren Weg fort, bis wir – diesmal im Sonnenschein und von der anderen Seite her – wieder zur Schillerlinde kamen. Trotz des Regens waren wir die rund 10 km und etwa 270 m Höhenunterschiede flott gewandert und kamen sogar noch vor dem vorgesehenen Rückkehrzeitpunkt wieder am Parkplatz am Upfinger Ried an.
Liste einiger weiterer, im Wald blühender Pflanzenarten der Krautschicht
Ährige Teufelskralle
Alliaria petiolata
Aristolochiaceae
Asarum europaeum
Asparagaceae
Blaugrüne Segge
Brassicaceae
Campanulaceae
Cardamine bulbifera
Carex flacca
Carex sylvatica
Cephalanthera damasonium
Convallaria majalis
Cyperaceae
Einbeere
Euphorbia amygdaloides
Euphorbia cyparissias
Euphorbiaceae
Gelbe Taubnessel
Glechoma hederacea
Gundermann
Haselwurz
Helleborus foetidus
Knoblauchrauke
Lamiaceae
Lamium galeobdolon
Maiglöckchen
Mandelblättrige Wolfsmilch
Melanthiaceae
Mercurialis perennis
Neottia nidus-avis
Orchidaceae
Oxalidaceae
Oxalis acetosella
Paris quadrifolia
Phyteuma spicata
Ranunculaceae
Rubiaceae
Sauer-Klee
Spring-SchaumkrautCardamine impatiens
Stinkende Nieswurz
Vogelnestwurz
Wald-Bingelkraut
Waldmeister (Galium odoratum)
Wald-Segge
Weißes Waldvögelein
Zwiebeltragende Zahnwurz
Zypressen-Wolfsmilch