Naturkundliche Herbstexkursion am 3.10.2021
Auf verschlungenen Pfaden leitete Werner Goerlich die Teilnehmer der BUND-Herbstexkursion am Sonntag, den 3. Oktober 2021 über die Albhochfläche westlich von Ohnastetten. Der dunkle Wolkenhimmel verriet am Anfang nicht, ob es trocken bleiben würde, der oft böige Wind blies uns kalt ins Gesicht. Neun unerschrockene Wandergäste machten sich trotzdem mit auf den Weg durch das Naturschutzgebiet Ohnastetter Bühl. Gleich zu Anfang überraschten uns die vielen „Dolomitsandgruben“. Aus diesen haben die Ohnastetter in früheren Jahrhunderten mühsam Steine heraus geklopft, die sie zu weißem Sand vermahlten. Der Sand wurde in die gute Stube gestreut und am Samstag hinausgefegt, so dass die Dielen am Sonntag hell und sauber aussahen. Als Hilfsmittel für Mauerwerk wurde der Sand ebenfalls benutzt.
Auch die Pflanzenwelt hat noch einiges zu bieten: An einzelnen Stellen standen die verblühten Reste und Fruchtstände von Ständelwurz (Epipactis sp.), spät blühenden Orchideen. Hie und da leuchteten rote Kartäusernelken (Dianthus carthusianorum), blauer Fransenenzian (Gentianopsis ciliata) oder gelbe Sonnenröschen (Helianthemum nummularium) durch das vertrocknende Gras. Auch Silberdisteln (Carlina acaulis), Taubenskabiose (Scabiosa columbaria), Rundblättrige Glockenblume (Campanula rotundifolia), Wiesenflockenblume (Centaurea jacea) und Große Braunelle (Prunella grandiflora) konnten wir entdecken. Die rosa-roten Früchte von Pfaffenhütchen (Evonymus europaea) und orangerote Hagebutten (Rosa sp.) buhlten direkt nebeneinander um Aufmerksamkeit.
Im Wald nördlich des NSG entdeckten wir unterschiedliche Farbmarkierungen an den Bäumen – eine Art „Geheimsprache“ der Förster, die Werner Goerlich uns erklärte: Rote Punkte kennzeichnen z. B. wertvolle Bäume, die auf jeden Fall zu erhalten und bei Fällungen anderer Bäume in der Umgebung zu schützen sind. Schräge rote Striche bedeuten, dass ein Baum gefällt werden soll. Auch im Wald sind Geländestufen zu erkennen, die wir als Ackerrandstufen bei unserer letzten Exkursion ins Gereuthau bereits gesehen hatten. Im Wald zeigen sie, dass die Fläche früher ganz anders, nämlich als Acker, bewirtschaftet wurde.
Unterwegs trafen wir auch auf Spuren verschiedener Wildtiere. Auf Rehe verwiesen die etwa in Kniehöhe abgefressenen kleinen Bäumchen, Trittsiegel und Ruheplätze, die man als flache Mulden mit weg gescharrtem Falllaub erkennt. Wildschweine hatten am Wegrand nach Futter gesucht und dabei die Erde aufgerissen und umgegraben. Stellenweise wuchsen Lärchen (Larix decidua) – die Förster pflanzten sie vor allem, wenn andere Baumarten wie Buchen nicht anwachsen wollten.
An der Ruine Stahleck besichtigten wir die Reste der erst kürzlich durchgeführten archäologischen Grabungen. Werner Goerlich erzählte uns von den Stahlecker und Greifensteiner Herren, die alle paar Kilometer Beobachtungsstellen über dem Echaztal eingerichtet hatten, um „Maut“ von Durchreisenden zu kassieren oder gar zu erpressen. Sie waren bei weitem nicht die einzigen „Wegelagerer“ im Ländle. Die Württemberger fanden dies gar nicht toll und ließen die Reichsstädte, in diesem Fall Reutlingen, die Herrschaftssitze angreifen und zerstören.
Leider trafen wir immer wieder auf Eschen, die vom Eschentriebsterben befallen sind, eine Krankheit, die durch einen Pilz verursacht wird (siehe dazu auch Sommerexkursion 2021 zum Gereuthau). An umgefallenen Stämmen war zu erkennen, dass selbst die Wurzeln durch den Pilzbefall absterben und dann den Baumstamm nicht mehr festhalten können. Pilze verursachen auch die Weißfleckenkrankheit (Cristulariella depraedans, v.a. in niederschlagsreichen Jahren) und die Schwarzfleckenkrankheit (Rhytisma spec., Ascomyceta) von Ahornbäumen, allerdings schädigen sie die Bäume nur in weit geringerem Umfang als der Pilz, der die Eschen befällt.
Eine lichthungrige Eiche inmitten von Buchen treibt zahlreiche Wassertriebe aus dem Stamm, deren Ansatzstellen im Schnittholz als „Katzendapper“ sichtbar werden – das führt dazu, dass ihr Holz nur für Industrieparkett taugt. Früher wuchsen viele Eichen auf der Alb. Doch ihr Holz war begehrt für den Bau von Fachwerkhäusern. So blieben nur die krumm gewachsenen Eichen übrig und andere Baumarten wurden häufiger.
Auch wenn es ziemlich stark bewölkt blieb, hatten wir vom Eckfelsen aus phantastische Ausblicke über das Echaztal, den Albtrauf, das Albvorland bis hin zu den Schwarzwaldhöhen am Horizont. Nördlich von uns, auf der anderen Seite des Zellertals, liegt der Imenberg mit verschiedenen Hangzonen, die den Schichten des Weißen Jura entsprechen, und der Urselhochberg mit Douglasien, die vor rund 50 Jahren als Ersatz für abgestorbene Buchen gepflanzt wurden. Südwestlich von uns sehen wir den Gießstein mit seinen imposanten Felsen und das Schloss Lichtenstein. Werner Goerlich erläuterte uns, wo die Mergel liegen, wo der Weiße in den Braunen Jura übergeht und wo die Blaukalke für die Reutlinger Stadtmauer und die Stadtmauerhäuser herkamen. Über die Ruine Greifenstein mit ihrer Mauer- und Felsflora wie z. B. der Mauerraute (Asplenium ruta-muraria), wanderten wir zum Jochimer Häule und dann nach Nordosten Richtung Ohnastetten.
In der Nähe eines Hochsitzes staunten wir über „Malbäume“ und einen Salzstein. Die Malbäume werden mit Buchenholzteer eingestrichen. Wildschweine lieben diesen Geruch und reiben sich genüsslich an diesem Stamm. Der Salzstein war an einem abgesägten Baumstamm befestigt. Wenn es regnet, wäscht der Regen das Salz nach und nach aus. Das salzige Regenwasser läuft am Stamm hinunter, so dass die Wildschweine und anderes Wild am salzigen Stamm lecken können. Zum Schluss lief uns noch ein großer Rüsselkäfer über den Weg, wahrscheinlich ein Fichtenrüsselkäfer (Hylobius abietis). Diese Art hat früher große Schäden an frisch gepflanzten Fichten verursacht, da die Käfer die Rinde abfraßen und viele Bäumchen starben.
Über den Jubiläumsweg des Holzelfinger Albvereins erreichten wir nach rund 8 km und je ca. 160 Höhenmetern um einiges Wissen reicher wieder unseren Ausgangspunkt am Ohnastetter Friedhof. Wir verabschiedeten uns mit einem herzlichen Dankeschön von unserem Exkursionsleiter Werner Goerlich, der für uns hoffentlich auch im nächsten Jahr (voraussichtlich im April) wieder eine spannende Tour vorbereiten wird.