Naturkundliche Sommerexkursion am 26. Juli 2021

Alpen-Ziest Stachys alpina, Blütenstand  (BUND KV Reutlingen)

Die Reutlinger BUND-Exkursionen zeichnen sich dadurch aus, dass entlang von Wegen durch eine herrliche Landschaft allerlei Spannendes über Natur und Landschaft, Kultur und Geschichte zu erfahren und zu entdecken ist. Bereits am diesjährigen Treffpunkt am Parkplatz beim Traifelberg wies unser bewährter Exkursionsleiter Werner Goerlich auf die von hier aus sichtbaren bewaldeten Kuppen und ihre Geschichte hin, die stellvertretend für viele andere bewaldete Erhebungen auf der Albhochfläche („Kuppen-Alb“) stehen.

Denn der Wald auf solchen Hügeln stammt aus der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618 - 1648), der auch auf der Alb noch heute sichtbare Spuren hinterlassen hat. Kämpfe, Plünderungen, Krankheiten und Hungersnöte ließen die Bevölkerung drastisch schrumpfen. Weniger Personen im Dorf bedeuteten weniger Arbeitshände und zugleich weniger hungrige Mäuler. Deshalb blieben vor allem die ertragsärmeren, mühsamer zu bearbeitenden oder weiter entfernten Äcker unbewirtschaf­tet. Von brachliegenden Hangflächen an den Kuppen nahmen Wind und Wasser die Oberboden­krume mit und schließlich verbuschten die Flächen, Bäume keimten und Wälder entstanden. Damals diente das Laub aus dem Wald zudem als Streu für das Vieh im Stall, und mit dem Laub verschwanden weitere Nährstoffe aus dem Wald.

Unser Exkursionsgebiet war das Naturschutzgebiet Gereuthau. Teile davon hatten wir schon auf unserer letzten Winterwanderung im Februar 2020 besucht (vgl. den weiter unten stehenden Bericht). Das Gebiet wurde in den 1930er Jahren unter Schutz gestellt, als deutschlandweit Flächen für den Naturschutz gesucht wurden. Da viele Teile des Gebiets als Äcker und Wiesen genutzt wurden, hielt die Schutzgebiets-Verordnung fest, dass ihre traditionelle Bewirtschaftung weiter möglich sein soll. Deshalb gibt es bis heute Wirtschaftswiesen und intensiv genutzte Äcker im Naturschutzgebiet. Eine Gruppe großer, alter Linden steht am Wegesrand. Sie waren gepflanzt worden, um an schattigen Plätze die Mittagspause bei der Feldarbeit halten zu können. Am Ortsrand beim Skilift Traifelberg zeigte uns Werner Goerlich eine kräftige Pflanze: ein „Guter Heinrich“ (Chenopodium bonus-henricus). Diese Wildpflanze, die gerne an nährstoffreichen Stellen im Siedlungsbereich wächst („Ruderalplätze“) wurde früher wie Spinat gekocht.

Nach dem diesjährigen regenreichen und nicht zu warmen Frühling und Frühsommer trafen wir mitten im Juli auf viele interessante Tiere und blühende Pflanzen. Schmetterlinge wie Blutströpfchen oder Widderchen (Zygaena sp., Fam. Zygaenidae) mit kräftigen roten Punkten auf schwärzlichen Flügeln, tankten Nektar an Witwenblumen (Knautsia sp.). Die adulten Widderchen bevorzugen lila-farbene, hochstehende Blüten und sind deshalb oft auf Witwenblumen, Tauben-Skabiosen (Scabiosa columbaria), Flockenblumen (Centaurea sp.) oder Disteln (Cirsium sp., Carduus sp.) zu finden, während sich ihre Larven meist von anderen Pflanzen ernähren wie z. B. Hufeisenklee (Hippocrepis comosa), Hornklee (Lotus corniculatus), Bunte Kronwicke (Coronilla varia) u. A. Schachbrettfalter (Melanargia galathea) flogen von Blüte zu Blüte. Auch zeigten sich verschiedene Heuschrecken, Laufkäfer und zahlreiche Schnecken. Leider plagten uns Bremsen, Stechmücken und sogar Zecken. Neben Feldgrillen (Gryllus campestris) und Heuschrecken hörten wir das Lied der Goldammer (Emberiza citrinella) sowie die Rufe der Rotmilane (Milvus milvus) und Mäusebussarde (Buteo buteo).

An manchen Stellen lässt sich die frühere Bewirtschaftungsweise erkennen. Auf vielen Wiesen bilden die alten Ackerrandstufen deutlich erkennbare Strukturen. Beim Darübergehen ist etwa alle 5 bis 10 m eine Stufe im Hang zu spüren, dort wo früher Böschungen und Lesesteine die Hackäcker begrenzten. Linsen, Erbsen, Gerste, Lein, Mohn oder auch Hanf wuchsen auf diesen Flächen.

Auf und entlang von Wegen, wo der Boden etwas verdichtet ist, macht sich gern der Breitwegerich (Plantago major) „breit“. Von Siedlern nach Nordamerika verschleppt, breitete er sich dort als „die Spur des weißen Mannes“ entlang ihrer Wagenspuren aus.

Im Wald zeigte Werner Goerlich uns Eschen (Fraxinus excelsior), die im Frühjahr austreiben und deren Kronen dann im Laufe des Sommers absterben. Der Erreger dieses „Eschentriebsterbens“ ist ein Schlauchpilz (Ascomycota) und wurde unter dem eigenen wissenschaftlichen Namen Chalara fraxinea beschrieben. Später fand man heraus, dass es sich um eine asexuelle Vermehrungs­form (sog. „Nebenfruchtform“) des Falschen Weißen Stängelbecherchens (Hymenoscyphus fraxineus) handelt, das aus Ostasien stammt. Auch viele Ulmen (Ulmus sp.) sind krank, sie neigen ihre Zweige nach oben zueinander, wenn sie absterben. Auch dieses „Ulmensterben“, das schon seit vielen Jahrzehnten andauert, wird durch einen Schlauchpilz (Ophiostoma novoulmi) verursacht.

An einem noch kleinen Holunderbusch (Sambucus sp.) waren die Spuren erkennbar, wo ein Rehbock „gefegt“ hatte – der Holunder hat es nicht überlebt, aber dem Rehbock hat es geholfen, die absterbende und juckende Haut seines neuen Geweihs loszuwerden. Auch Wildschweine hinterlie­ßen ihre Spuren an Stellen, an denen sie den Boden nach Essbarem durchwühlt hatten.

Auf den extensiv genutzten Wiesen und Halbtrockenrasen blühten u. A. folgende Arten:

Thymian Thymus sp. (vermutlich Thymus pulegioides)
Wiesenbocksbart Tragopogon pratense, die fleischigen Blätter und der Blütenboden sind essbar
Odermennig Agrimonia eupatoria
Große Braunelle Prunella grandiflora
Kleine Braunelle Prunella vulgaris
Wollige Kratzdistel Cirsium eriophorum, in deren dicken und stachelbewehrten Blütenköpfen sich die Larven verschiedener Insektenarten entwickeln
Nickende Distel Carduus nutans
Wegwarte Cichorium intybus, steht bevorzugt an Wegrändern; ihre Wurzel wurde früher als Kaffee-Ersatz verwendet; verwandt mit Endivien- und Radicchio-Salat
Echtes Labkraut Galium verum, duftet nach Honig
Hügelmei(st)er Asperula cynanchica, unscheinbare Pflanze mit sehr kleinen hellrosa Blüten, verwandt mit den Labkräutern
Gewöhnl. Hornklee Lotus corniculatus
Feldklee Trifolium campestre mit kleinen gelben Blütenköpfchen, bis zur Fruchtreife bleiben die Früchte von den braun gewordenen Blütenblättern verdeckt
Hauhechel Ononis spinosa
Wilde Möhre Daucus carota
Rundblättrige Glockenblume Campanula rotundifolia
Wiesen-Lieschgras Phleum pratense, ein sehr häufiges Gras, das schon vor ca. 250 Jahren aus Nordamerika bei uns als Futtergras eingeführt wurde
Aufrechte Trespe Bromus erectus, eine Charakterart für Trocken- und Halbtrockenrasen

An manchen Stellen lässt sich die frühere Bewirtschaftungsweise erkennen. Auf vielen Wiesen bilden die alten Ackerrandstufen deutlich erkennbare Strukturen. Beim Darübergehen ist etwa alle 5 bis 10 m eine Stufe im Hang zu spüren, dort wo früher Böschungen und Lesesteine die Hackäcker begrenzten. Linsen, Erbsen, Gerste, Lein, Mohn oder auch Hanf wuchsen auf diesen Flächen.

Auf und entlang von Wegen, wo der Boden etwas verdichtet ist, macht sich gern der Breitwegerich (Plantago major) „breit“. Von Siedlern nach Nordamerika verschleppt, breitete er sich dort als „die Spur des weißen Mannes“ entlang ihrer Wagenspuren aus.

Im Wald zeigte Werner Goerlich uns Eschen (Fraxinus excelsior), die im Frühjahr austreiben und deren Kronen dann im Laufe des Sommers absterben. Der Erreger dieses „Eschentriebsterbens“ ist ein Schlauchpilz (Ascomycota) und wurde unter dem eigenen wissenschaftlichen Namen Chalara fraxinea beschrieben. Später fand man heraus, dass es sich um eine asexuelle Vermehrungs­form (sog. „Nebenfruchtform“) des Falschen Weißen Stängelbecherchens (Hymenoscyphus fraxineus) handelt, das aus Ostasien stammt. Auch viele Ulmen (Ulmus sp.) sind krank, sie neigen ihre Zweige nach oben zueinander, wenn sie absterben. Auch dieses „Ulmensterben“, das schon seit vielen Jahrzehnten andauert, wird durch einen Schlauchpilz (Ophiostoma novoulmi) verursacht.

An einem noch kleinen Holunderbusch (Sambucus sp.) waren die Spuren erkennbar, wo ein Rehbock „gefegt“ hatte – der Holunder hat es nicht überlebt, aber dem Rehbock hat es geholfen, die absterbende und juckende Haut seines neuen Geweihs loszuwerden. Auch Wildschweine hinterlie­ßen ihre Spuren an Stellen, an denen sie den Boden nach Essbarem durchwühlt hatten.

Vielfältig und oft blühend zeigte sich auch die Pflanzenwelt am Waldboden mit:

Mauerlattich Mycelis muralis
Wald-Ziest Stachys sylvatica, mit dunkelroten Blüten und samtigen Blättern
Alpen-Ziest Stachys alpina, mit eher schmutzig-roten Blüten und größeren Hochblättern im Blütenstand, diese Art ist in diesem Jahr viel häufiger zu sehen als in den vergangenen, trockenen Jahren
Springschaumkraut Cardamine impatiens
Rühr-mich-nicht-an Impatiens noli-tangere, ein einheimisches Springkraut, das nach Berührung starke Hautreizungen verursachen kann (Name!)
Kleinblütiges Springkraut Impatiens parviflora, ein Neophyt, der vor ca. 200 Jahren aus Botanischen Gärten verwilderte
Nesselblättrige Glockenblume Campanula trachelium
Behaarte Karde Dipsacus pilosus
Knotige Braunwurz Scrophularia nodosa
Wirbeldost Clinopodium vulgare, normalerweise rot-, hier auch üppig weiß-blühend
Wald-Bingelkraut Mercurialis perennis, hat dunkelgrüne Blätter, gehört zu den Wolfsmilchgewächsen
Steife Wolfsmilch Euphorbia stricta, hat sehr kleine Blüten und riecht unangenehm
Rossminze Mentha longifolia, mit weichhaarigen Blättern, besonders an feuchten Standorten
Wald-Sauerklee Oxalis acetosella
Arznei-Baldrian Valeriana officinalis, dessen Wurzelextrakt zu gutem Schlaf verhelfen soll
Roter Holunder Sambucus racemosa, mit leuchtend roten Früchten
Wurmfarn Dryopteris sp., dessen Wurzel gekocht als Entwurmungsmittel dienten und dessen Blättern auch Rehe fressen – womöglich ebenfalls zur Entwurmung?
Land-Reitgras Calamagrostis epigejos, wird wegen seiner Größe (bis 1,5m) und dem auffälligen Blütenstand auch „Waldschilf“ genannt
Stresemann-Gras Deschampsia caespitosa, hat seinen (veralteten) deutschen Namen von den Längsstreifen im Blatt, die erkennbar werden, wenn man sie gegen das Licht hält – Längsstreifen, wie die Anzughosen, die nach dem Politiker Gustav Stresemann (1878 – 1929) benannt sind; die Art heißt heute auf Deutsch „Rasenschmiele“.
Fruchtkörper eines giftigen Pilzes der Gattung Amanita, wahrscheinlich ein Pantherpilz Amanita pantherina  (BUND KV Reutlingen)

Vom ausgiebigen Regen profitierten auch einige Pilze, wie Fliegenpilze (Amanita muscaria), oder Butterpilze (Suillus luteus), deren Fruchtkörper bereits jetzt zu sehen sind.

Mitten im Greuthau liegt eine beeindruckende Doline mit einem Schluckloch. An anderer Stelle hat man eine Hüle angelegt, den Boden mit Lehm abgedichtet, damit die Schafe eine Wasserstelle hatten.

Gegen Ende unserer Mittagspause fielen die ersten Tropfen Regen, aber bald hörte es wieder auf. So konnte Werner Goerlich uns ganz zum Schluss noch die Schanze am oberen Ende der Honauer Steige zeigen – eine der zahlreichen Anlagen am Albtrauf, die aus der Zeit des Spanischen Erbfolgekriegs (1701 – 1714) stammen.