Ulrike Selje  (BUND KV Reutlingen)

Leserbrief: „Treibhausgase verursachen Klimaerwärmung“ (Die Ursachen von Klimaveränderungen)

Veröffentlicht am 9.12.2023 in den Reutlinger Nachrichten
Betrifft den Leserbrief: „Die Naturgesetze gelten auch im Anthropozän“ von Dietmar L. am 2.12.2023

Sehr geehrter Herr L.: Nachdem ich Ihren Leserbrief gelesen habe, in dem Sie erläutern, warum es keine Klimaerwärmung gibt, möchte ich darlegen, warum die große Mehrheit aller Klimatologen und Meteorologen von einer anthropogenen Klimaerwärmung überzeugt sind und die Dekarbonisierung fordern.
Sie behaupten, seit 1980 hätte sich die Temperatur nicht mehr erhöht, weil seitdem die Absorptionsfähigkeit der Luft für Wärmestrahlung gesättigt sei. Das widerspricht der Erfahrung aller Menschen und den Messungen der Meteorologen. Seit den 1980er Jahren beschleunigt sich die globale Erwärmung. Seit 2000 erlebten wir die wärmsten jemals gemessenen Jahre. 2023 ist Spitzenreiter. Viele Menschen haben die Folgen der Erwärmung leidvoll erleben müssen. Weltweit sind schon Millionen gestorben und Lebensräume unbewohnbar geworden.
Sie behaupten, dass die nächste Eiszeit bald kommen wird, nur weil es mal wieder an der Zeit ist. Doch für das Auftreten von Eis- und Warmzeiten gibt es astronomische, geologische und / oder atmosphärische Gründe.
Astronomische Gründe beziehen sich auf die Stellung unserer Erde im Sonnensystem. Die Erde umkreist die Sonne auf einer elliptischen Bahn. Die Schwerkraft überholender Planeten verformt die Umlaufbahn. Dadurch kann sie mal weit auseinandergezogen werden (stark elliptisch) oder mal fast kreisförmig ausgebildet sein. Letzteres ist aktuell der Fall. Gleichzeitig ist die Achse der Erde schräggestellt. Der Neigungswinkel schwankt zwischen 22,5 und 24,5 Grad. Mit einem Winkel von 23,5 Grad hat die Erdachse aktuell eine mittlere Position. Zusätzlich ändert sich die Ausrichtung der Erdachse. Derzeit steht sie so, dass auf der Nordhalbkugel Sommer ist, wenn die Erde ihre maximale Entfernung zur Sonne hat. Berücksichtigt man die Wechselwirkungen dieser Positionen, dann sind aktuell keine astronomischen Ursachen erkennbar, die einen Klimawandel verursachen könnten.
Geologische Gründe für einen Klimawandel entstehen durch die Verschiebung der Kontinente. Die Wirkung auf das Klima ist so langsam wie die Plattenbewegung. Somit kann man auch nicht mit geologischen Veränderungen den aktuellen, schnellen Temperaturanstieg erklären. Durch Vulkanausbrüche in die Atmosphäre geschleuderte Asche führt zu einer Abkühlung, die allerdings vorübergehend ist, da die Asche auf die Erde sinkt.
Und so bleiben nur noch atmosphärische Gründe. Misst man über einen längeren Zeitraum hinweg die Konzentration verschiedener Gase in der Luft, dann werden Veränderungen sichtbar.
Die natürlichen Treibhausgase sind Wasserdampf, CO2, Methan und Lachgas. Sie verhindern die Rückstrahlung von Wärmenergie ins Weltall. Je höher ihre Konzentration in der Atmosphäre ist, desto weniger Wärmestrahlen können entweichen. Die natürliche Konzentration der Treibhausgase bewirkt, dass wir auf der Erde eine globale Durchschnittstemperatur von +15 Grad haben, statt von -18 Grad. Wissenschaftler haben eine Zunahme von CO2, Methan und Lachgas in der Atmosphäre gemessen. Zuerst langsam, dann immer schneller. Ihre Konzentration steigt seit 150 Jahren. Dadurch kann immer weniger Wärme ins Weltall entweichen. Diese zusätzlichen Gase gelangen durch Industrie, Mobilität, Landwirtschaft, Heizen und Freizeitaktivtäten in die Luft.
Vergleicht man die Kurvenverläufe der Treibhausgaskonzentrationen mit dem Kurvenverlauf der Temperaturentwicklung, dann fällt sofort der ähnliche Verlauf ins Auge. Alle Kurven steigen seit Mitte des vorletzten Jahrhunderts an. Zuerst sanft, dann immer steiler. Diese Kurvenverläufe kann sich jeder im Netz anschauen.
Viele Laborversuche haben gezeigt, dass in lichtbestrahlten, geschlossenen Räumen die Zunahme von Treibhausgasen die Temperatur proportional ansteigen lässt.
Das sind zwei wichtige Gründe, warum die Wissenschaftler die aktuelle Erwärmung in der Zunahme der Treibhausgasemissionen sehen.
Herr L., Sie behaupten in Ihrem Leserbrief, dass der Temperaturanstieg angesichts des CO2-Anstiegs deutlich höher sein müsste, als er gemessen wird. Sie vergessen die vielen CO2-Puffer, die wir auf der Erde haben. Dazu gehören Ozeane, Wälder, Moore, Böden und Kalkgestein. Sie können zurzeit noch CO2 aus der Luft binden. Doch sobald die Puffer gesättigt sind, wird die Temperatur schneller ansteigen als bisher.
Und noch kurz zu den Neandertalern. Sie schreiben, sie hätten in einer 3 Grad wärmeren Umgebung gelebt. Das kann durchaus sein. Eisbären und Inuits fühlen sich in der Kälte wohl, Indios und Schimpansen in der Wärme. Es ist nur eine Frage der Anpassung, die viele Generationen dauert.
Gefährlich ist für Lebewesen die Zeit des Wandels. Sie fordert viele Todesopfer, viel Leid und große Zerstörung. Das sollten wir unseren Nachkommen nicht zumuten wollen.
Ulrike Selje, Reutlingen

 

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Grund: Die Texte, die Ulrike Selje an die Zeitung geschickt hat, wurden von der Redaktion überarbeitet. Dadurch unterscheidet sich der Wortlaut der Originaltexte von den veröffentlichten Leserbriefen. Der Inhalt ist dabei gleichgeblieben. Da uns nur die Texte von Ulrike Selje als Datei vorliegen, müssten wir, um hier den genauen Wortlaut der Leserbriefe aus der Zeitung wiederzugeben, alle Artikel Wort für Wort abtippen. Da sich dadurch am Inhalt nichts ändert, haben wir uns entschieden, hier die Originaltexte von Ulrike Selje einzufügen.]